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Die
Erde im Jahr 2015.
Auf dem Grundstück einer japanischen Grundschule ist
vor einiger Zeit ein pflanzenähnliches Raumschiff
gelandet, aus welchem hin und wieder
eigenartige Geschöpfe herauskommen.
In der selben Grundschule gibt es in der sechsten Klasse die
Möglichkeit, mit der "Versus Alien"-Pflicht betraut zu
werden. Die Auserwählten haben das Privileg, bei
Notfällen (= Aliens fangen) den Unterricht ausfallen
lassen zu dürfen. Zudem sind sie für die Pflege
der verschiedenen Aliensorten verantwortlich. Die
Anforderungen im Klub sind aber hoch; nicht jeder ist ihnen
gewachsen. Viele Mädchen schaudern beim Gedanken,
schleimige Aliens fangen und pflegen zu müssen.
Besonders die elfjährige Schülerin Ôtani
Yuri. Nichts ist für sie schrecklicher als Aliens
anzufassen. Und ausrechnet sie wird mit der Pflicht des
Alien-Einfangens betraut.
Die ängstliche Yuri teilt sich
die Pflicht mit zwei weiteren Mädchen, mit der Leaderin
Kawamura Kumi und der multitalentierten Tomomi Kasumi. Die
Ausrüstung zum Einfangen von Aliens besteht aus
Fangnetzen, einem Paar Rollerblades samt Knie- und
Handgelenkschoner, einer Betäbungspistole (für
schwere Fälle), einem Turnanzug und einem "Borg".
Borgs
sind Aliens, die wie eine Kreuzung aus einer Mütze und
einem Frosch aussehen, mit grossen Flügeln und einer
langen Zunge ausgestattet sind und
einen Wirt zum Überleben brauchen, in diesem Fall die
drei Mädchen. Ein Borg wird auf den Kopf getragen, er
kommuniziert mittels Gedankenübertragung mit seinem
Wirt und schützt ihn mit seinen Flügeln und
drahtförmigen Auswüchsen vor Gefahren. Der Gast
stellt im Gegenzug dem Borg Porenschmutz zu Verfügung,
die für die Borgs nötige Nahrung.
Die Arbeit erweist sich für Yuri
schwerer als zu Beginn ihre Kolleginnen und die Lehrerin
Hisagawa Megumi vermutet haben. Yuri fehlt es an
Selbstvertrauen. Sie überlässt das Einfangen der
Aliens lieber Kumi und Kasumi, die mit viel Elan ihre
Pflicht ausführen, besonders Kasumi, die am Einfangen
der Aliens viel Spass hat. Doch nicht immer läuft alles
wie am Schnürchen: Ein schwerer Vorfall ereignet sich,
und von da an ändert sich einiges für das Leben
der drei Mädchen.
Was verbirgt sich hinter dem Verschmelzen eines Borgs mit
seinem Wirt? Was verschweigt die Lehrerin den Mädchen
eigentlich? Fragen über Fragen ...

Die Handlung von Alien 9 hört
sich wie der Plot von beinahe unzähligen Science
Fiction Action-Komödien in Anime und Mangaform, also
nichts Neues. Der Zeichner Tomizawa Hitoshi versteht es
aber, seinen Geschichten einen ganz persönlichen
Stempel aufzudrücken. Seiner Phantasie entspringen
ziemlich bizarre Geschöpfe, deren Absichten
zunächst dem Leser unklar sind. Sind z.B. die Aliens
eigentlich Feinde, die ganz bewusst Menschen angreifen und
sie vernichten wollen, oder sind es ganz normale
Geschöpfe, die nichts anderes als eine Art
natürliche parasitäre Funktion haben?
Auch der verwendete Zeichen- und
Erzählstil in Alien 9 ist recht ungewöhnlich: Die
Characterdesigns zeichnen sich durch recht flache Gesichter,
grosse runde Ohren und weit auseinanderliegenden Augen aus;
die Aliens sind ziemlich detailiert dargestellt.
Tomizawas Erzählstil ist zu Beginn etwas
gewöhnungsbedürftig: Er verwendet praktisch keine
Geschwindigkeit- und Bewegungslinien. Ein Geschehen in einer
Actionszene kann sich zudem auf mehreren Seiten
hindurchziehen, oder sich auch nur auf einer Seite
beschränken, je nach Tomizawas Gefallen. Eine
Unterscheidung zwischen ruhigen Szenen und solchen mit
Action wird dadurch erschwert ,was wohl gewollt ist, denn
daraus resultiert eine dem Manga ganz eigene
Atmosphäre, bei der alles mit einem gemächlichen
Tempo voranschreitet und trotzdem einem Höhepunkt nach
dem anderen zusteuert. Alles in Allem ein recht
empfehlenswerter Manga.
Neben
Science Fiction und Abenteuer, enthält Alien 9 auch
gewisse Schockmomente, die aus einem Splatterfilm entstammen
könnten. Das ist wohl auch der Grund, weshalb Alien 9
in keinem reinen Shounen-Magazin publiziert wurde, sondern
von Anfang an im Magazin "Young Champion Comics", einem
Magazin, das an ältere Jugendliche und Erwachsene
gerichtet ist (lässt euch vom Namen nicht
täuschen).
Milk Closet, Tomizawa Hitoshis neuester Titel,
beinhaltet noch mehr bizarre Fantasy und Horrorelemente, was
zur Folge hat, dass der Manga in Koudanshas bekannten
"Afternoon" publiziert wird, einer Experimenten
gegenüber recht offenen Zeitschrift.
Trotz der recht ungewöhnlichen
Elementen in Alien 9, produziert Bandai Visual momentan eine
4 teilige OAV, mit den Studios J.C.Staff und Genco (und der
Hilfe vieler anderer Studios, u.a. Gainax).
Teil 1 ist Ende Juni herausgekommen. Die Handlung richtet
sich ziemlich nahe am ersten Band des Manga, die eigenartige
Atmosphäre ist bisher erfolgreich umgesetzt worden. Die
Animation ist für eine OAV in Ordnung, die Character-
und Monsterdesigns weisen feine Linien auf. Die Kolorierung
erfolgte per Software, was zur Folge hat, dass die Designs
sehr sauber wirken. Die Hintergründe sind sehr
hübsch ausgefallen uns steuern einiges zur
Gesamtqualität der OAV bei. Zudem wurde das Studio I.G.
Production mit einigen Computer-Spezialeffekten betraut. Es
ist nur eine Frage der Zeit, bis die OAVs in den Staaten auf
DVD erscheinen werden.
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Nachtrag
Mittlerweile sind alle 4 OAVs
in Japan rausgekommen. Die Qualität ist auf
dem gleichen hohen Niveau geblieben wie Teil 1. Nur
kommt die Geschichte mit OAV 4 zu keinem richtigen
Abschluss und zeigt andeutungsweise Szenen aus dem
Manga; man wird als Zuschauer also beinahe "im
Stich gelassen". Man darf annehmen, dass hiermit
die Zuschauer auch zum Lesen der Mangas angeregt
werden sollen.
der offene Schluss mag auch ein Grund dafür
sein, dass bisher keine US-Firma für die
Rechte der OAVs Interesse gezeigt hat. Nur Central
Park Media hat bei der Anime Expo 2002 den Manga
für nächstes Jahr angekündigt. Ein
Zeichen dafür, dass sie auch die OAVs bringen
werden? Wer weiss ...
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Bilder©Tomizawa Hitoshi/Akita
Shoten
Text: Yaniv
Tempelman (Juni
2001)
Letztes
Update: November
2002
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