|
Hanazono Merry go Round
(Blumengarten Merry go Round) ist ein Manga der recht
speziellen Art: Er lässt sich vom Genre her gesehen
schlecht in einer Schublade reinpressen. Es wird das
Abenteuer eines Jungen erzählt, dem es in einem Dorf
verschlägt, in welchem noch archaische
Shinto-Bräuche gepflegt werden. Der Junge wird Zeuge
seltsamer Geschehnisse, doch dazu unten mehr
...
Inhalt
Die
Geschichte wird gleich zu Beginn von der Retrospektive aus
erzählt:
Der 15-Jährige Schüler Aiura Kiichi
erfährt von seinem Vater, dass seine Vorfahren im
Besitz eines Schwertes namens "Karasumaru" gewesen seien.
Das Schwert soll in der Zwischenzeit im Besitz eines
Mönches sein, der im kleinen Dorf Yatakemura lebt; dem
Dorf der Vorfahren der Familie Aiura. Kiichi entschliesst
sich das Schwert zu holen und macht sich auf dem Weg zum
Dorf. In einem Lokalbus verpasst er die richtige Haltestelle
und muss dann in der verlassenen ländlichen Gegend zu
Fuss weitergehen. Die Nacht fällt, schnell ist alles
pechschwarz. Kiichi kriegt es mit der Angst zu tun, aber zu
seinem Glück kommt ein Mädchen mit einem Roller
vorbei und bringt den verunsicherten Keiichi zu einem
Gasthaus in einem abgelegenen Dorf names
Kebigasawa.
Das Gasthaus
"Masagaya" gehört der Familie des Mädchens, die
Keiichi aufgelesen hat. Das Mädchen heisst
Sumiko, sieht sehr hübsch aus aber wirkt mit
ihrer Miene auf den ersten Blick recht unfreundlich. Sie
spricht mit Keiichi kaum und verlangt am nächsten
Morgen ohne Umschweife gleich die Rechnung für die
Übernachtung. Keiichi stellt dabei mit Schrecken fest,
dass er auf dem Fussmarsch seine Brieftasche verloren hat;
ihn bleibt nichts anderes übrig, eine Weile auf die
Hilfe der Familie von Sumiko angewiesen zu sein bis er von
seinen Eltern Geld zugeschickt bekommt.
Keiichi
gefällt dieser Umstand nicht. Die Menschen in der
Familie und im Dorf begegnen ihn mit misstrauischen Augen,
er weiss nicht weshalb. Nur die Mutter von Sumiko,
Mizue, ist gegenüber Keiichi freundlich. Etwas
zu freundlich, den gleich am ersten Abend wünscht sie
ihm in einem durchsichtigen Dessous gute Nacht. Keiichi
weiss nicht, was er von diesem Annäherungsversuch
halten soll, er ist verwirrt.
Noch mehr verwirrt ihn aber der Vorfall am nächsten Tag
beim Besuch einiger Dorffrauen, die ihn kurz zu einem Tee
eingeladen haben. Die Frauen befragen ihn sehr schnell nach
seiner Penisgrösse und vergreifen sich nach ihm. Mit
Glück kann sich Keiichi aus der Gewalt der Frauen
reissen und kehrt geschockt in das Gasthaus zurück.
Sumikos Mutter entgeht der Zustand von Keiichi nicht, sie
spricht ihn am selben Abend zunächst zögerlich auf
den Vorfall an. Doch plötzlich umarmt sie Keiichi,
zieht sich aus und vergreift sich gleich am ihm (Auszug
2)....
Am nächsten Morgen erfährt
Kiichi von Sakiko, eine der Frauen die ihn am Vortag
beinahe vergewaltigt hätten, dass Mizue in ihrem 33.
Altersjahr sich gerade im "Unglücksjahr" befinden
würde. Ein Brauch des Dorfes besagt, dass die Frauen in
diesem Alter ihr grosses Unglück loswerden, indem sie
mit einem jungen Mann Sex haben würden. Zudem soll der
Brauch das abgeschlossene Dorf vor einer Verdünnung der
Blutlinie der Dorfbewohner bewahren. Doch nicht jeder
hergelaufene Junge soll einfach gut genug sein. Um die
Gesundheit der möglichen "Kandidaten" zu testen, wird
denen klammheimlich ein giftiger Pilz zum Essen serviert.
Wird es einem "Kandidaten" von diesem Pilz nicht schlecht,
so kommt er für diesen Brauch also in Frage.
Keiichi
wird das Dorf Kegigasawa langsam aber sicher unheimlich. Er
versteht die Bräuche nicht und weiss nicht, wie er mit
den Dorfbewohner umgehen soll. Von den älteren
Dorfbewohner erntet er nur misstrauische Blicke, Sumiko
zeigt ihm irgendwie die kalte Schulter, Sumikos Mutter
hingegen will ihn vernaschen und Sakiko und ihre Freundinnen
interessieren sich auch für ihn. Kiichi entschliesst
sich, so schnell wie möglich dieses unheimliche Dorf zu
verlassen, aber zuerst wird er von der Grossmutter des
Gasthauses zum Schneeschaufeln und Kühe Futtern
befohlen, da er nicht umsonst übernachten und essen
kann. Da er den Erklärungen nicht richtig zugehört
hat, sucht er Mizue auf und findet sie zusammen mit einigen
anderen Frauen in einem kleinen Tempel eine seltsame
Zeremonie abhalten. Er schaut heimlich zu, wird aber dann
entdeckt und erntet zuerst von allen Frauen schockierte
Blicke und dann von Mizue einen wütenden Blick. Kiichi
rennt schockiert davon und trifft dann gerade auf Sumiko. Er
weiss nicht, ob er ihr von diesem Vorfall erzählen
soll; schliesslich weiss er nicht, wie sie dann reagieren
wird (besonders wenn sie die Sache zwischen ihm und ihrer
Mutter erfahren würde). Auf jeden Fall vertraut er
Sumiko seine Ängste an, sie zeigt dafür
Verständnis (Auszug 1).
Am gleichen Abend entschliesst sich
Kiichi, in Sumikos Zimmer zu essen, da die Frauen von der
seltsamen Zeremonie, dessen Zeuge er gerade geworden ist, zu
Besuch sind. Er hat den Mut nicht, diesen Frauen und Sumikos
Mutter gegenüber zu sein. Als im Nebenzimmer
plötzlich die Stimmen von betrunkenen Frauen zu
hören sind, die sich an den jüngeren Bruder von
Sumiko heranmachen, kriegt Kiichi beinahe Panik. Sumiko
schliesst ihre Türe ab und legt Kiichi zur Beruhigung
Kopfhörer an. Die Musik ist ihm vertraut, sie stammt
von einer Gruppe die er sehr schätzt. Als er das Sumiko
sagt, freut sie sich plötzlich sehr (das erste Mal, wo
er sie mit einem fröhlichen Gesicht sieht); beide
kommen ein wenig ins Gespräch ...
Kiichi wird noch viele Dinge in diesem
Dorf erfahren, doch mehr darüber zu erzählen,
wäre dem Leser gegenüber nicht fair.
Weiterführende Infos
"Meine Reise
ist verschieden pink", so lautet der Spruch auf dem
Werbeumschlag des ersten Bandes. Meiner Meinung nach trifft
dieser Spruch recht gut die widerstrebenden Gefühle,
die den Jungen Kiichi in diesem Abenteuer
bewegen.
Mit
Hanazono Merry go Round bringt die Zeichnerin
Kashiwagi Haruko nach Inu (Young Sunday Comics, 6
Bände), Yoiko no Hoshi (Young Sunday, 6
Bände) und Bura Bura Ban Ban (Young Sunday, 5
Bände) bereits ihren vierten Manga heraus. Wie schon
bei "Inu" spielt auch in Hanazono Merry go Round das Thema
Erotik eine grosse Rolle. Drehte sich bei Inu die Geschichte
noch um einen hässlichen Brillenträger, der sich
in einer hübschen Frau verliebt und sie mit allen
Mitteln für sich erobern will und bei Yoiko no Hoshi um
ein durchgedrehtes Mädchen in der Grundschule, ist die
Handlung von Hanazono Merry go Round (von nun an als
"Hanazono" abgekürzt) wesentlich realistischer
ausgefallen.
Er wird das etwas unheimliche Abenteuer des jungen Kiichi
erzählt, der wider seines Willen in einem Dorf
festsitzt, in welchem alte Sex-Bräuche gepflegt werden
und Polygamie scheinbar als normal gilt. Was wie die
Geschichte eines Adult Manga für Männer klingt,
täuscht: Kashiwagi Haruko verzichtet auf
effekthascherische pornograpische Szenen und bringt
stattdessen verstärkt das beklemmende Gefühl des
Protagonisten zum Vorschein, der mit dieser fremden Welt
nicht klar kommt und sich mehr als einmal mit dem
Gefühl der Scham, der Angst, der Reue und der Lust
auseinandersetzen muss. Das macht den Manga sehr
realistisch.
Die Geschichte ist
im Magazin Big Comics Spirits erschienen, ein
Magazin, das sich an erwachsene Leser richtet und deren
Reihe im Westen für Manga wie Takahashi Rumikos "Maison
Ikkoku" und Takashi Shins "Saishuu Heiki Kanojo" bekannt
ist. Das Magazin ist ein bisschen auf Liebesgeschichten
spezialisiert und man kann sich daher fragen, ob auch bei
dieser Geschichte die beiden Protagonisten (Kiichi und
Sumiko) einander näherkommen werden. Anzeichen gibt es
bereits im ersten Band genug, doch die Kiichi widerfahrenden
Ereignisse und Vorfälle überwiegen beinahe die
sich anbahnende Romanze zwischen den beiden. Von daher
gesehen fällt es einem nicht leicht, diesen Manga mit
einem einzigen Label wie "Liebesgeschichte" kategorisieren
zu wollen. Hanazono kann man als Liebesgeschichte sehen,
aber auch als eine Art Entwicklungsroman mit einem starken
Touch an Erotik. Die angeschnittenen Genres sind
vielfältig und lassen keine Langeweile
aufkommen.
Vom
Zeichnerischen her gesehen sticht das sehr detailierte
Artwork heraus. Die Personen schwanken zwischen einem
recht realistischen Zeichenstil und einem eher cartoonhaftem
Stil wie man ihn z.B. bei Adachi Mitsuru findet. Die
Hintergründe werden nicht nur angedeutet, sie werden
auch oft detailreich gezeichnet was dem Leser erleichtert,
sich mit der Umgebung der Handlung näher vertraut zu
machen. Auffallend ist dabei, dass Kashigawa Haruko (oder
ihre Assistenten) den Grossteil der Hintergründe auch
wirklich von Hand zeichnet; nur wenige Gegenstände,
Häuser und Landschaften sind Rasterfolien. Eine
weiteres Merkmal von Kashiwagi Harukos Zeichenstil sind die
vielen langen dünnen Striche, mit der sie Reliefs und
Schatten zeichnet, aber auch die Farbe an den Wangen der
Personen. Das alles zusammen mit ihrer Bevorzugung für
generell etwas dickeren Umrisse macht ihr Artwork
unverkennbar.
Für die Leser, die kein Japanisch lesen können,
gilt festzuhalten, dass sich einem die Geschichte dank
zahlreichen längeren Passagen mit wenig Text relativ
gut erschliesst, auch wenn man die Details nicht erfahren
kann.
Als persönliches Fazit
kann ich diesen Manga allen Lesern ans Herz legen, die auf
der Suche nach einer aussergewöhnlichen und sehr
realistisch erzählten Geschichte sind und gerne mit der
Hauptperson mitleiden. Denn der arme Kiichi kann einem
wirklich leid tun bei all den Dingen, die er durchstehen
muss.
Bilder©Kashiwagi
Haruko/Shougakukan
Text ©Yaniv
Tempelman (Oktober
2002)
|