Hanazono Merry go Round

Kashiwagi Haruko, 4 Bände
Shougakukan - Big Comic Spirits


Hanazono Merry go Round - Band 1

ISBN4-09-186361-2


Hanazono Merry go Round - Band 2

ISBN4-09-186362-0


Hanazono Merry go Round (Blumengarten Merry go Round) ist ein Manga der recht speziellen Art: Er lässt sich vom Genre her gesehen schlecht in einer Schublade reinpressen. Es wird das Abenteuer eines Jungen erzählt, dem es in einem Dorf verschlägt, in welchem noch archaische Shinto-Bräuche gepflegt werden. Der Junge wird Zeuge seltsamer Geschehnisse, doch dazu unten mehr ...

Inhalt

Die Geschichte wird gleich zu Beginn von der Retrospektive aus erzählt:
Der 15-Jährige Schüler Aiura Kiichi erfährt von seinem Vater, dass seine Vorfahren im Besitz eines Schwertes namens "Karasumaru" gewesen seien. Das Schwert soll in der Zwischenzeit im Besitz eines Mönches sein, der im kleinen Dorf Yatakemura lebt; dem Dorf der Vorfahren der Familie Aiura. Kiichi entschliesst sich das Schwert zu holen und macht sich auf dem Weg zum Dorf. In einem Lokalbus verpasst er die richtige Haltestelle und muss dann in der verlassenen ländlichen Gegend zu Fuss weitergehen. Die Nacht fällt, schnell ist alles pechschwarz. Kiichi kriegt es mit der Angst zu tun, aber zu seinem Glück kommt ein Mädchen mit einem Roller vorbei und bringt den verunsicherten Keiichi zu einem Gasthaus in einem abgelegenen Dorf names Kebigasawa.

Das Gasthaus "Masagaya" gehört der Familie des Mädchens, die Keiichi aufgelesen hat. Das Mädchen heisst Sumiko, sieht sehr hübsch aus aber wirkt mit ihrer Miene auf den ersten Blick recht unfreundlich. Sie spricht mit Keiichi kaum und verlangt am nächsten Morgen ohne Umschweife gleich die Rechnung für die Übernachtung. Keiichi stellt dabei mit Schrecken fest, dass er auf dem Fussmarsch seine Brieftasche verloren hat; ihn bleibt nichts anderes übrig, eine Weile auf die Hilfe der Familie von Sumiko angewiesen zu sein bis er von seinen Eltern Geld zugeschickt bekommt.
Keiichi gefällt dieser Umstand nicht. Die Menschen in der Familie und im Dorf begegnen ihn mit misstrauischen Augen, er weiss nicht weshalb. Nur die Mutter von Sumiko, Mizue, ist gegenüber Keiichi freundlich. Etwas zu freundlich, den gleich am ersten Abend wünscht sie ihm in einem durchsichtigen Dessous gute Nacht. Keiichi weiss nicht, was er von diesem Annäherungsversuch halten soll, er ist verwirrt.
Noch mehr verwirrt ihn aber der Vorfall am nächsten Tag beim Besuch einiger Dorffrauen, die ihn kurz zu einem Tee eingeladen haben. Die Frauen befragen ihn sehr schnell nach seiner Penisgrösse und vergreifen sich nach ihm. Mit Glück kann sich Keiichi aus der Gewalt der Frauen reissen und kehrt geschockt in das Gasthaus zurück. Sumikos Mutter entgeht der Zustand von Keiichi nicht, sie spricht ihn am selben Abend zunächst zögerlich auf den Vorfall an. Doch plötzlich umarmt sie Keiichi, zieht sich aus und vergreift sich gleich am ihm (Auszug 2)....

Am nächsten Morgen erfährt Kiichi von Sakiko, eine der Frauen die ihn am Vortag beinahe vergewaltigt hätten, dass Mizue in ihrem 33. Altersjahr sich gerade im "Unglücksjahr" befinden würde. Ein Brauch des Dorfes besagt, dass die Frauen in diesem Alter ihr grosses Unglück loswerden, indem sie mit einem jungen Mann Sex haben würden. Zudem soll der Brauch das abgeschlossene Dorf vor einer Verdünnung der Blutlinie der Dorfbewohner bewahren. Doch nicht jeder hergelaufene Junge soll einfach gut genug sein. Um die Gesundheit der möglichen "Kandidaten" zu testen, wird denen klammheimlich ein giftiger Pilz zum Essen serviert. Wird es einem "Kandidaten" von diesem Pilz nicht schlecht, so kommt er für diesen Brauch also in Frage.

Keiichi wird das Dorf Kegigasawa langsam aber sicher unheimlich. Er versteht die Bräuche nicht und weiss nicht, wie er mit den Dorfbewohner umgehen soll. Von den älteren Dorfbewohner erntet er nur misstrauische Blicke, Sumiko zeigt ihm irgendwie die kalte Schulter, Sumikos Mutter hingegen will ihn vernaschen und Sakiko und ihre Freundinnen interessieren sich auch für ihn. Kiichi entschliesst sich, so schnell wie möglich dieses unheimliche Dorf zu verlassen, aber zuerst wird er von der Grossmutter des Gasthauses zum Schneeschaufeln und Kühe Futtern befohlen, da er nicht umsonst übernachten und essen kann. Da er den Erklärungen nicht richtig zugehört hat, sucht er Mizue auf und findet sie zusammen mit einigen anderen Frauen in einem kleinen Tempel eine seltsame Zeremonie abhalten. Er schaut heimlich zu, wird aber dann entdeckt und erntet zuerst von allen Frauen schockierte Blicke und dann von Mizue einen wütenden Blick. Kiichi rennt schockiert davon und trifft dann gerade auf Sumiko. Er weiss nicht, ob er ihr von diesem Vorfall erzählen soll; schliesslich weiss er nicht, wie sie dann reagieren wird (besonders wenn sie die Sache zwischen ihm und ihrer Mutter erfahren würde). Auf jeden Fall vertraut er Sumiko seine Ängste an, sie zeigt dafür Verständnis (Auszug 1).

Am gleichen Abend entschliesst sich Kiichi, in Sumikos Zimmer zu essen, da die Frauen von der seltsamen Zeremonie, dessen Zeuge er gerade geworden ist, zu Besuch sind. Er hat den Mut nicht, diesen Frauen und Sumikos Mutter gegenüber zu sein. Als im Nebenzimmer plötzlich die Stimmen von betrunkenen Frauen zu hören sind, die sich an den jüngeren Bruder von Sumiko heranmachen, kriegt Kiichi beinahe Panik. Sumiko schliesst ihre Türe ab und legt Kiichi zur Beruhigung Kopfhörer an. Die Musik ist ihm vertraut, sie stammt von einer Gruppe die er sehr schätzt. Als er das Sumiko sagt, freut sie sich plötzlich sehr (das erste Mal, wo er sie mit einem fröhlichen Gesicht sieht); beide kommen ein wenig ins Gespräch ...

Kiichi wird noch viele Dinge in diesem Dorf erfahren, doch mehr darüber zu erzählen, wäre dem Leser gegenüber nicht fair.


Weiterführende Infos

"Meine Reise ist verschieden pink", so lautet der Spruch auf dem Werbeumschlag des ersten Bandes. Meiner Meinung nach trifft dieser Spruch recht gut die widerstrebenden Gefühle, die den Jungen Kiichi in diesem Abenteuer bewegen.

Mit Hanazono Merry go Round bringt die Zeichnerin Kashiwagi Haruko nach Inu (Young Sunday Comics, 6 Bände), Yoiko no Hoshi (Young Sunday, 6 Bände) und Bura Bura Ban Ban (Young Sunday, 5 Bände) bereits ihren vierten Manga heraus. Wie schon bei "Inu" spielt auch in Hanazono Merry go Round das Thema Erotik eine grosse Rolle. Drehte sich bei Inu die Geschichte noch um einen hässlichen Brillenträger, der sich in einer hübschen Frau verliebt und sie mit allen Mitteln für sich erobern will und bei Yoiko no Hoshi um ein durchgedrehtes Mädchen in der Grundschule, ist die Handlung von Hanazono Merry go Round (von nun an als "Hanazono" abgekürzt) wesentlich realistischer ausgefallen.
Er wird das etwas unheimliche Abenteuer des jungen Kiichi erzählt, der wider seines Willen in einem Dorf festsitzt, in welchem alte Sex-Bräuche gepflegt werden und Polygamie scheinbar als normal gilt. Was wie die Geschichte eines Adult Manga für Männer klingt, täuscht: Kashiwagi Haruko verzichtet auf effekthascherische pornograpische Szenen und bringt stattdessen verstärkt das beklemmende Gefühl des Protagonisten zum Vorschein, der mit dieser fremden Welt nicht klar kommt und sich mehr als einmal mit dem Gefühl der Scham, der Angst, der Reue und der Lust auseinandersetzen muss. Das macht den Manga sehr realistisch.

Die Geschichte ist im Magazin Big Comics Spirits erschienen, ein Magazin, das sich an erwachsene Leser richtet und deren Reihe im Westen für Manga wie Takahashi Rumikos "Maison Ikkoku" und Takashi Shins "Saishuu Heiki Kanojo" bekannt ist. Das Magazin ist ein bisschen auf Liebesgeschichten spezialisiert und man kann sich daher fragen, ob auch bei dieser Geschichte die beiden Protagonisten (Kiichi und Sumiko) einander näherkommen werden. Anzeichen gibt es bereits im ersten Band genug, doch die Kiichi widerfahrenden Ereignisse und Vorfälle überwiegen beinahe die sich anbahnende Romanze zwischen den beiden. Von daher gesehen fällt es einem nicht leicht, diesen Manga mit einem einzigen Label wie "Liebesgeschichte" kategorisieren zu wollen. Hanazono kann man als Liebesgeschichte sehen, aber auch als eine Art Entwicklungsroman mit einem starken Touch an Erotik. Die angeschnittenen Genres sind vielfältig und lassen keine Langeweile aufkommen.

Vom Zeichnerischen her gesehen sticht das sehr detailierte Artwork heraus. Die Personen schwanken zwischen einem recht realistischen Zeichenstil und einem eher cartoonhaftem Stil wie man ihn z.B. bei Adachi Mitsuru findet. Die Hintergründe werden nicht nur angedeutet, sie werden auch oft detailreich gezeichnet was dem Leser erleichtert, sich mit der Umgebung der Handlung näher vertraut zu machen. Auffallend ist dabei, dass Kashigawa Haruko (oder ihre Assistenten) den Grossteil der Hintergründe auch wirklich von Hand zeichnet; nur wenige Gegenstände, Häuser und Landschaften sind Rasterfolien. Eine weiteres Merkmal von Kashiwagi Harukos Zeichenstil sind die vielen langen dünnen Striche, mit der sie Reliefs und Schatten zeichnet, aber auch die Farbe an den Wangen der Personen. Das alles zusammen mit ihrer Bevorzugung für generell etwas dickeren Umrisse macht ihr Artwork unverkennbar.
Für die Leser, die kein Japanisch lesen können, gilt festzuhalten, dass sich einem die Geschichte dank zahlreichen längeren Passagen mit wenig Text relativ gut erschliesst, auch wenn man die Details nicht erfahren kann.


Als persönliches Fazit kann ich diesen Manga allen Lesern ans Herz legen, die auf der Suche nach einer aussergewöhnlichen und sehr realistisch erzählten Geschichte sind und gerne mit der Hauptperson mitleiden. Denn der arme Kiichi kann einem wirklich leid tun bei all den Dingen, die er durchstehen muss.

Bilder©Kashiwagi Haruko/Shougakukan

Text ©Yaniv Tempelman (Oktober 2002)

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